Mitarbeiterporträts

Ressourcenschonend runderneuert: Vulkaniseurmeister bei Rösler Tyre

Mit Kopf, Hand, Herz und Seele bei der Arbeit: Fatmir Reka ist Vulkaniseurmeister und Produktionsleiter bei Rösler Tyre Innovators

von Roman Winnicki

· Lesezeit 4 Minuten.
Kontrolle: Produktionsleiter Fatmir Reka inspiziert einen Altreifen. Foto: Florian Lang

Kräftige Statur, gepflegt, witzig, schlagfertig und bei allerbester Laune – das ist Fatmir Reka. Er ist Meister im Vulkaniseur- und Reifenmechaniker-Handwerk beim Dortmunder Reifenrunderneuerer Rösler Tyre Innovators und der Typ kumpelhafter Vorgesetzter, dem man wohl keine Überstunde abschlagen kann. Reka krempelt lieber die schmutzigen Ärmel hoch, als Büroarbeit zu verrichten. Den Posten des Betriebsleiters hat er deshalb abgelehnt. „Da bin ich zu weit weg vom Reifen“, sagt der Produktionsleiter fast schon mürrisch.

Die Begeisterung für seinen Job überrascht. Denn dem verheirateten Familienvater ist die Ausbildung zum Vulkaniseur- und Reifenmechaniker faktisch aufgezwungen worden. Gemeinsam mit seinen Eltern flüchtete Reka 1993 im Alter von 14 Jahren vor einem der sogenannten Jugoslawienkriege nach Deutschland. In nur zwei Jahren lernte er Deutsch und machte 1995 den Hauptschulabschluss. Mit einer Ausbildungs-Wunschliste ging er – wie früher üblich – anschließend zum Arbeitsamt. „Der Beamte sagte mir, du kannst alles auf deiner Liste streichen. Du wirst Vulkaniseur, sonst bekommst du keine Arbeitserlaubnis“, erzählt der heute 44-Jährige. Rückblickend ist damals für ihn eine Welt zusammengebrochen, heute aber würde er für nichts auf der Welt tauschen wollen.

Talent erkannt

Reka absolvierte in der Folge die dreijährige Ausbildung in einem kleinen Betrieb. Das Gesellendasein reichte ihm jedoch nicht, er war wissbegierig. Zwei Jahre später, und entgegen der Empfehlung seines früheren Chefs, entschied er sich für den Meistertitel. Es folgte der Besuch der Abendschule in Dortmund, um nebenher weiter arbeiten zu können. Zuletzt musste er für sechs Monate die Schulbank in München drücken, gab dafür seine Stelle auf. „Dort habe ich Paul Rösler senior kennengelernt. Er war mein Prüfer“, so Reka. Dieser erkannte sofort sein Potenzial. 18 Monate später unterschrieb er bei Rösler, und die Reise begann.

Für die Firma ging es in Länder wie Australien, Indonesien, Kolumbien und Kasachstan, um dort Produktions- und Vulkanisationsanlagen in Betrieb zu nehmen. 2011 wurde Reka sesshaft, leitet seitdem die Produktion am Dortmunder Unternehmenssitz und koordiniert die Arbeit seiner rund 35 Kollegen. „Herr Reka zählt europaweit zu den wenigen Spezialisten auf seinem Gebiet“, sagt Paul Rösler, Geschäftsführer des Unternehmens, das auf die Runderneuerung von EM-Reifen (Erdbewegungsmaschinen) spezialisiert ist. Der Vulkaniseurmeister sei maßgeblich daran beteiligt gewesen, Runderneuerungs-Verfahren weiterzuentwickeln und zu optimieren. „Er hilft dabei, eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft für Reifen aufzubauen“, fügt der Chef hinzu.

Spezialanfertigung: Der Meister hilft seinen Kollegen beim Zuschnitt einer Gummilaufbahn. Foto: Florian Lang

Spezialanfertigung: Der Meister hilft seinen Kollegen beim Zuschnitt einer Gummilaufbahn. Foto: Florian Lang

Kein Schrott – Gold

Reka sieht das ähnlich: „Alle reden vom Ressourcensparen, tun aber nichts. Die Reifen, die bei uns reinkommen, sind kein Schrott, sondern Gold wert.“ Ein Rundgang durch die Produktionshallen verdeutlicht, warum er Altreifen so wertschätzt.

An zahlreichen Stationen bearbeiten seine Vulkaniseur-Kollegen Pneus unterschiedlichster Dimensionen. Im Schnitt wiegt ein EM-Reifen 1,5 Tonnen, runderneuert werden aber auch „Elefantengrößen“, 63-Zöller. Sie wiegen bis zu 5,5 Tonnen bei einem Durchmesser von rund 4,5 Metern und werden im Minen- und Bergbau eingesetzt. Lasten von bis zu 100.000 Kilogramm können sie tragen.

Schon der äußere Eindruck lässt erkennen: Da steckt sehr viel Material drin. Allein die Runderneuerung der Durchschnitts-Reifengrößen (49 Zoll) spart laut Firmenangaben gegenüber einem Neureifen 700 Liter Rohöl, 320 Kilogramm Gummi und 140 Kilogramm Stahl ein. In Emissionen umgerechnet bedeute das: über zwei Tonnen weniger CO2 – pro Reifen. Kein Wunder also, dass Reka seinen Beruf als nachhaltig bezeichnet.

Einfach abgefahren?

Welchen Aufwand sie bei Rösler in Sachen Nachhaltigkeit betreiben, zeigt sich am Zustand der Altreifen, die Reka und seine Mannschaft wieder instandsetzen. Manche sind nur abgefahren, bei anderen Pneus hingegen fehlen mehr als faustgroße Gummistücke, oder sie weisen erhebliche Stichverletzungen auf, die großflächig ausgearbeitet werden müssen.

Auch wenn einige Arbeitsschritte automatisiert sind, geht es nicht ohne echtes Handwerk. Schälen, schleifen, bohren, plomben – und das millimetergenau. Denn die Karkasse darf nicht beschädigt werden, und der Reifen muss nach der Reparatur wieder seine Ursprungsmaße einhalten. „Die Hände muss man sich dabei schon schmutzig machen und körperlich was aushalten“, erklärt Reka. Dafür tue man etwas Gutes für die Umwelt.

Was ihn allerdings wurmt: dass generell noch viel zu wenig runderneuert wird. „Es wundert mich wirklich, warum die Runderneuerung nicht zur Pflicht gemacht wird“, sagt Reka kopfschüttelnd. Für die Zukunft würde er sich zumindest gesetzlich festgelegte Runderneuerungsquoten bei Bereifungen wünschen. Ob sein Wunsch in Erfüllung geht, bleibt abzuwarten. Fest steht jedoch, dass er bis zur Rente Job und Firma treu bleiben will.

Wie neu: Geschäftsführer Paul Rösler und Fatmir Reka zeigen das Fertigprodukt.

Wie neu: Geschäftsführer Paul Rösler und Fatmir Reka zeigen das Fertigprodukt.

Rösler – die Fakten

Die Dortmunder Rösler Tyre Innovators GmbH & Co. KG ist spezialisiert auf die Runderneuerung von Reifen für Bau- und Minenfahrzeuge. Der 1960 gegründete Familienbetrieb wird in zweiter Generation von Paul Rösler geführt und agiert international vor allem als Technologieanbieter. Pro Jahr bearbeitet das Unternehmen mit seinen rund 100 Mitarbeitern etwa 5.000 Altreifen und spart damit circa 5.000 Tonnen an CO2-Emissionen ein.

Wie das Verfahren der Runderneuerung genau funktioniert und warum besonders Autofahrer runderneuerte Reifen noch scheuen, erklären wir hier.

 

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