Mitarbeiterporträts

Mapa-Verfahrensmechanikerin: Vom Zahnarzt nach Zeven

Als frisch ausgelernte Verfahrensmechanikerin trägt Melissa Besic bei Mapa viel Verantwortung

von Roman Winnicki

· Lesezeit 5 Minuten.
Maßarbeit: Per Kran bugsiert Melissa Besic tonnenschwere Werkzeuge in eine Spritzgießanlage. Foto: Michael Bahlo

Sie hat allen Grund dazu, stolz auf sich zu sein. Denn vor Kurzem hat Melissa Besic ihre Lehre zur Verfahrensmechanikerin für Kunststoff- und Kautschuktechnik beendet. Dass sie die dreijährige Ausbildungszeit um sechs Monate verkürzt hat, erwähnt sie erst auf Nachfrage. Die 28-Jährige hält nichts von Wichtigtun, sie ist zurückhaltend, fast schon verlegen. „Man muss in der Schule gut mitmachen und sich in der Firma gut anstellen“, sagt sie bescheiden. Ganz so einfach ist das mit dem Verkürzen aber nicht: Es braucht einen Notendurchschnitt von unter 2,5, den Segen des Ausbildungsbetriebs und zusätzlich grünes Licht von der zuständigen Industrie- und Handelskammer. All das konnte sie vorweisen.

Besic ist nicht nur offensichtlich gut in ihrem Job, sie lebt ihn auch und identifiziert sich als „Mapaianerin“: So nennen sich die Beschäftigten des Kautschukspezialisten Mapa im niedersächsischen Zeven. Bekannt ist das Unternehmen vor allem für Babyartikel unter dem Markennamen Nuk und seine „Billy-Boy“-Kondome.

Handwerk liegt in der Familie

In die Kautschukindustrie ist die frisch Ausgelernte erst über einen Umweg gelangt. Nach der Schule ließ Besic sich zuerst zur zahnmedizinischen Fachangestellten ausbilden. Angekommen ist sie in diesem Beruf aber nie. „Ich habe damals damit angefangen, weil ich nichts Besseres gefunden habe, was zu mir passt.“

Eigentlich wollte Besic schon immer etwas Handwerkliches machen. Über ihren Onkel, der ebenfalls Verfahrensmechaniker ist, wurde sie auf die Alternative aufmerksam. „Schau dir den Beruf mal an“, habe er ihr geraten. Und auch ihr Vater trug dazu bei, dass sie sich in der Produktionshalle nun wohler fühlt als im Behandlungszimmer. „Als Maschinenschlosser kennt er die Industrie und hat mich auch eher dort gesehen als beim Zahnarzt“, erzählt sie. Nach vier Jahren in der Zahnarztpraxis war Schluss. Es folgten Bewerbung, Einstellungstest und ein paar Wochen später das Vorstellungsgespräch bei Mapa. Ein Kennenlern-Grillen mit allen Azubis überzeugte sie dann, dass es hier auch menschlich passen würde.

Fachlich sollten angehende Verfahrensmechanikerinnen und -mechaniker Interesse an Mathe, Physik und Chemie mitbringen. Welchen Schulabschluss Azubis brauchen, variiert von Betrieb zu Betrieb. Besic selbst hat die Fachhochschulreife. „Und ich finde schon, dass man handwerklich geschickt sein muss, vielleicht mal einen Inbus- oder Maulschlüssel in der Hand gehabt haben sollte“, sagt sie. „Und früh aufstehen muss man auch können“, fügt sie schmunzelnd hinzu. Denn Schichtbeginn ist in der Ausbildung um 6 Uhr.

Job-Voraussetzungen: Handwerkliches Geschick und Interesse an MINT-Fächern. Foto: Michael Bahlo

Job-Voraussetzungen: Handwerkliches Geschick und Interesse an MINT-Fächern. Foto: Michael Bahlo

Ihr unverstellter Blick verrät die Begeisterung für den Beruf und zeigt, dass sie in der Kautschukindustrie als Quereinsteigerin bestens aufgehoben ist. Von ihrer Ausbildungszeit schwärmt Besic geradezu. Wie selbstverständlich wirft sie Tätigkeiten wie Fräsen, Bohren, Schweißen oder Begriffe wie Pneumatik, Hydraulik und Elektronik in den Raum. Nicht alles wird später im Arbeitsalltag gebraucht, so zum Beispiel das Schweißen. Es schade aber nicht, es mal gemacht zu haben. Sich viele Fertigkeiten anzueignen, werde von ihrem Arbeitgeber sogar gefördert.

Fit und belastbar

Eine weitere Voraussetzung ist körperliche Belastbarkeit. „Wir machen schon einige Kilometer in unseren Hallen und sind acht Stunden lang auf den Beinen“, bestätigt Mapa-Ausbilder Christian Klintworth. Für Melissa Besic ist das kein Problem: In ihrer Freizeit schwimmt sie und spielt Basketball, früher war sie aktive Handballerin. „Melissa wusste früh, was sie wollte. Sie ist beliebt bei Kollegen, sehr eigenständig und zuverlässig“, sagt Klintworth über seinen ehemaligen Schützling.

Wegen dieser Eigenschaften konnte ihr Arbeitgeber Besic schnell viel Verantwortung übertragen. In der Mapa-Produktionshalle ist es warm, aber nicht stickig. Hier und da knattert es in kurzen Intervallen. Laufbänder befördern kleine Kunststoff- und Kautschukteile, Kolben stampfen, dazwischen zischt etwas. An Besics Arbeitsplatz stehen fünf Spritzgießmaschinen mit Schließkräften bis zu 120 Tonnen. Das sind die Kräfte, mit denen Werkzeughälften aneinandergepresst werden, um auf bis zu 200 Grad erhitztes Kunststoffgranulat in bestimmte Formen zu drücken – gerade sind das Schnuller und die dazugehörigen Mundplatten.

Alles im Blick: Maschine hochfahren, Einstellungen vornehmen, Verfahrensparameter prüfen. Foto: Michael Bahlo

Alles im Blick: Maschine hochfahren, Einstellungen vornehmen, Verfahrensparameter prüfen. Foto: Michael Bahlo

„Jede dieser Maschinen ist mehrere Hunderttausend Euro wert“, sagt Klintworth. Was er damit meint: Wem Mapa diese anvertraut, der muss wirklich etwas draufhaben. Besic hat pro Schicht bis zu 15 solcher Anlagen im Blick und ist dafür verantwortlich, dass alles reibungslos funktioniert. Nicht immer werden hier die gleichen Teile produziert – unter Besics Aufsicht entstehen unter anderem auch Ringe, Keile oder Schraubverschlüsse. Steht ein Produktwechsel an, sind handwerkliches Geschick und Koordination der Verfahrensmechanikerin gefordert. Dann muss sie mit einem Hallenkran die bis zu zwei Tonnen schweren Werkzeughälften bewegen: nicht mehr benötigte Werkzeuge ausbauen und einlagern, neue in eine der Spritzgießanlagen bugsieren und anschließen. An einem Monitor fährt Besic danach die Maschine an, nimmt Einstellungen vor und prüft Verfahrensparameter wie Temperatur, Druck und Produktionszeit. Anschließend muss sie die Fertigung regelmäßig überwachen.

Viele Frauen bei Mapa

In vielen Köpfen gelten solche Tätigkeiten – und die Industrieproduktion insgesamt – noch immer als Männerdomäne. Laut der Bundesagentur für Arbeit kommen in der Kautschukbranche nur zwei Frauen auf zehn Arbeitsplätze. Bei Mapa allerdings ist das deutlich anders: Der Frauenanteil liegt dem Unternehmen zufolge bei 46 Prozent. „Es ist mittlerweile normal, dass Frauen als Verfahrensmechanikerinnen arbeiten“, betont Ausbilder Klintworth, der seit 18 Jahren im Betrieb ist. Melissa sei nicht seine erste Auszubildende gewesen. Gerade in einigen technischen Berufen beobachtet Mapa eine kleine Trendwende, die Anzahl der Bewerberinnen steigt.

Auch durch Mundpropaganda zufriedener Frauen: Besic hat schon mal für Mapa geworben und eine Freundin in die Firma gelotst. Fachkräfte zu bekommen, werde aber immer schwieriger, sagt sie, egal ob Mann oder Frau. Sie kann sich gut vorstellen, später selbst Nachwuchs auszubilden und ihre guten Erfahrungen weiterzugeben.

 

Mapa GmbH – die Fakten

Mapa verarbeitet Kautschuk und Kunststoff zu Baby- und Medizinprodukten und vertreibt Haushaltsartikel sowie Arbeitsschutzhandschuhe. Das Unternehmen startete 1947 als „Hanseatisches Gummiwerk Bachmann & Co. KG“ in Zeven. Mittlerweile arbeiten circa 620 Beschäftigte für den Verarbeiter, der vor allem mit den Markennamen Nuk, Billy Boy und Spontex bekannt ist.

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