Mitarbeiterporträts

Zug um Zug zum optimalen Produkt

Ein leidenschaftlicher Brettspieler und sein rasanter Aufstieg: Markus Neumann, Verfahrensmechaniker und Teamleiter bei Westland

von Wiebke Bomas

· Lesezeit 4 Minuten.
Weiß, wann er eingreifen muss: Markus Neumann, Verfahrensmechaniker und Teamleiter bei Westland. Foto: Florian Lang

Wenn Markus Neumann über seinen Werdegang spricht, fallen Begriffe wie „holprig“ und „gestolpert“. Zum Studienabbruch etwa oder zur anschließenden Ausbildungsrecherche. Aber je länger der 35-jährige Verfahrensmechaniker über seinen Beruf spricht, umso deutlicher wird, wie wenig in seiner Karriere beim niedersächsischen Walzen- und Formteilehersteller Westland Gummiwerke holpert oder stolpert. Wer kann schon von sich behaupten, sechs Monate nach Ausbildungsende einen Job mit Personalverantwortung angeboten bekommen zu haben?

Zielstrebig, jemand, der sehr gut weiß, was er kann, was ihm Spaß macht, was nicht – dieser Eindruck von Markus Neumann verfestigt sich beim Zuhören. Etwa, wenn er von seinem abgebrochenen Studium erzählt. Nach dem Wehrdienst begann er ein Maschinenbaustudium mit dem Schwerpunkt Produktion und Kunststofftechnik, weil er Chemie schon in der Schule ziemlich spannend fand. „Aber ich habe mich immer wieder gefragt, was ich mit dem Studium machen sollte. Eine Antwort habe ich nie gefunden“, sagt Neumann und zuckt mit den Schultern.

Nur konsequent, dass er im Internet nach anderen Berufen gesucht hat. Dabei kam er auf den Verfahrensmechaniker. „Das Berufsbild hat mich komplett angesprochen: Werkzeuge händisch einbauen, Produktionsanlagen anfahren, Qualitätskontrolle der fertigen Produkte, sich mit dem Medium wirklich auskennen“, erzählt er. Damals wusste er noch nicht, dass dieses Medium Kautschuk sein würde.

Von der Ausbildung in die Führungsrolle

So hatten die Westland Gummiwerke in Melle seine Bewerbung für eine Ausbildung als Verfahrensmechaniker bald auf dem Tisch. Schnell hat die Geschäftsleitung erkannt, dass in Neumann mehr steckt: Nachdem er seine Ausbildung verkürzt hatte, bot sie ihm ein halbes Jahr später die Teamleitung für den Pressen- und Automatenbereich an. Hier stellt Westland rund 4.500 verschiedene technische Formteile her, neben der Produktion von Walzen einer der beiden Geschäftsbereiche des Unternehmens. Markus Neumann nahm an.

Die Sonne scheint durch die hohen Fenster, es riecht nach Gummi. Hier, in zwei lichten Werkhallen, koordiniert Neumann knapp 40 Teammitglieder über drei Schichten an den Pressen und Automaten. Sie überwachen und bedienen die Maschinen, tauschen Werkzeuge aus für neue Formen – das können Schwingungsdämpfer für Maschinen oder Dichtungen aus Kautschuk sein – und prüfen, ob am Ende die Qualität stimmt. Nicht für alles braucht Neumann Verfahrensmechaniker: „Zum Bedienen der Maschinen setze ich vor allem ungelernte Kräfte ein, im Umgang mit dem Kautschuk, dem Einstellen der Maschinen oder der Qualitätsprüfung eher ausgebildete Fachkräfte wie Verfahrensmechaniker.“

„Ich möchte es als Vorgesetzter jeden Tag besser machen“

Das Ausprobieren, das Zusammenbringen der Faktoren, bis ein Produkt in Serienfertigung gehen kann: Das ist es, was für ihn das Verfahrensmechaniker-Dasein ausmacht. „Das Spannende ist, dass man am Anfang kein fertiges Produkt hat. Da ist das Werkzeug, und da ist der Kautschuk vor der Maschine. Dass das Bauteil nach Zeichnung qualitätskonform herauskommt, gelingt meist nicht im ersten Versuch.“ Natürlich hilft Erfahrung, doch es gibt immer wieder neue Kautschukmischungen. Und Markus Neumann blieb nicht viel Zeit, in der Fertigungstechnik anzukommen. „Als Teamleiter läuft das jetzt eher nebenher. Da freut es mich immer, wenn sich meine Schichtleiter mit mir beraten, zum Beispiel bei Problemen mit der Kautschukmischung.“

Strategiebesprechung: Neumann und sein Mitarbeiter Christian Schulz planen die Bearbeitung eines gummierten Teils. Foto: Florian Lang

Strategiebesprechung: Neumann und sein Mitarbeiter Christian Schulz planen die Bearbeitung eines gummierten Teils. Foto: Florian Lang

Aber für einen Strategen wie den langjährigen Hobbybrettspieler ist Chefsein mindestens so spannend. „Die Personalverantwortung, die Kommunikation mit den anderen insgesamt neun Abteilungen – die Herausforderungen sind mit der Teamleitung schlagartig gewachsen“, sagt Neumann. Geholfen haben Lehrgänge seines Arbeitgebers zu Kommunikation und Führung, aber auch eigene Strategie: „Ich möchte es als Vorgesetzter jeden Tag besser machen. Dazu schaue ich immer wieder neu, wie sich jeder Einzelne entwickelt und koordiniere das mit den Anforderungen.“

Eine gute Feedbackkultur sei hier wichtig. Dazu gehört das tägliche Zusammenstehen mit dem Team, um zu besprechen, was gelaufen ist, was ansteht, wo es Verbesserungspotenzial und Erfolge gibt. Zudem ist er in der Produktion präsent und fast ständig ansprechbar. Das kommt an, wie Neumann erzählt: „Mein größtes Erfolgserlebnis hatte ich, als eine Mitarbeiterin mir gesagt hat: ,Dich will ich als Vorgesetzten behalten‘.“ Ein Lob für sein offenes Ohr und die Art, jeden mit seinen Themen und Bedürfnissen ernstzunehmen.

Akademischer Abschluss in Teilzeit

„Ich versuche immer, Mensch und Maschine bestmöglich zusammenzubringen, um ein optimales Produkt rauszubringen. Rund 40 Leute, verschiedenste persönliche Voraussetzungen, zwei Maschinentypen mit unterschiedlichem Personalbedarf und Dutzenden Artikeln – das muss passend gesteuert werden“, sagt Neumann und schweift mit der Hand über die Pressen- und Automatenanlagen. Anfangs ist es ihm schwergefallen, diese Steuerung nach Feierabend an die Schichtleiter zu übergeben. „Heute kann ich das, wenn ich weiß, ich habe mein Bestmögliches getan, damit weiter gut produziert werden kann.“

Um das Bestmögliche noch besser machen zu können, hat er im Feierabend in den vergangenen Jahren seinen Techniker gemacht. Jetzt folgt der technische Betriebswirt, um die Produktion weiter zu optimieren. „Für die Zukunft würde ich mir wünschen, dass der Verfahrensmechaniker in der Berufsinformation bekannter wird. Genauso wie akademische Weiterbildungen, die man nach der Ausbildung auch ohne komplettes Studium machen kann.“ Hätte er von diesen Möglichkeiten als Schulabsolvent gewusst – er wäre sicher schon ein paar Jahre länger im Beruf.

 

Westland Gummiwerke – die Fakten

Westland entwickelt seit mehr als 100 Jahren funktionelle Gummimischungen und ist auf Gummierungen für Druck- und Industriewalzen sowie Elastomer-Formteile spezialisiert.

Die Westland-Gruppe hat 750 Mitarbeiter und 12 Produktionsstandorte in Europa, Asien und den USA. Ihr Hauptsitz ist im niedersächsischen Melle.

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