Mitarbeiterporträts

Alles eine Frage der Koordination

Ein doppelt strukturiertes Leben: Ivonne Cramer, Mutter von drei Kindern und Produktionsplanerin bei Sealable, jongliert erfolgreich zwischen Job- und Familienmanagement

von Uwe Rempe

· Lesezeit 4 Minuten.
Koordination ist das A und O: Ivonne Cramer managt gekonnt Job und Familie. Foto: KAUTSCHUK/Wiegand Sturm

Waltershausen. Es ist kurz vor Weihnachten, es herrscht geschäftige Sauberkeit: Überall werden beim Gummispezialisten Sealable die Maschinen und Büros geputzt. Über die Feiertage gibt es Betriebsferien in der Firma im thüringischen Waltershausen. Die haben sich die 170 Beschäftigten redlich verdient, denn die Bilanz des Jahres 2023 ist erfreulich. Gerade macht sich Ivonne Cramer, wie nahezu jeden Tag und für dieses Jahr zum letzten Mal, auf den Weg in die Fertigung.

„Ich bespreche mit den Meistern in den Abteilungen den Stand der Produktion und den Stand der Krankmeldungen, die aktuell in die Höhe geschossen sind“, erklärt die 42-Jährige. Das wie auch die Kapazitäten und Gegebenheiten bei den Lieferanten sind wichtige Informationen, die Cramer für ihren Job braucht: Sie ist Produktionsplanerin. Und das heißt: „Ohne vernünftige Koordination geht gar nichts!“

Sealable hat ein riesiges Produktportfolio. Dazu gehören beispielsweise Teile für die Haushaltsgeräte-Industrie, Tor- und Türdichtungen, Fugen- und Quell- oder Rohrdichtungen, dazu ein großes Sortiment an Teilen für die Schienenfahrzeug-Infrastruktur und noch vieles mehr. Cramer plant ausschließlich für einen weiteren wichtigen Geschäftsbereich des mittelständischen Unternehmens: für den Tunnelbau.

„Mit über 790 abgeschlossenen und aktuellen Projekten weltweit haben wir uns über die Jahre den Ruf als Macher und innovativer Vorreiter beim Einsatz neuer Technologien in der Branche erarbeitet“, berichtet Cramer.

Kautschukprofile für den Tunnelbau: Cramer im Austausch mit Meister Magnus Oelke. Foto: KAUTSCHUK/Wiegand Sturm

Kautschukprofile für den Tunnelbau: Cramer im Austausch mit Meister Magnus Oelke. Foto: KAUTSCHUK/Wiegand Sturm

Spezialist für den Tunnelbau

Die Mutter von drei Kindern (2, 6 und 16 Jahre jung) ist seit ihrer Lehre 1999 in der Firma. Nach dem Abschluss Industriekauffrau hat sie ein dreijähriges berufsbegleitendes Studium zur Betriebswirtin an der Thüringischen Verwaltungs- und Wirtschafts-Akademie Erfurt draufgesetzt. Natürlich mit Unterstützung des Arbeitgebers, durch das Sealable-Vorgängerunternehmen Phoenix Dichtungstechnik GmbH. Und von Anfang an beackert sie ihr ganz spezielles Geschäftsfeld.

„Der Tunnelbau ist heutzutage hochmaschinell“, erklärt sie, „riesige Vortriebsmaschinen bohren den Tunnel und sichern ihn gleichzeitig.“ Das geschehe mittels sogenannter Tübbinge aus Stahlbeton, in denen eingegossene Gummiprofile für die notwendige Abdichtung sorgen. „Um eine exakte Rundung zu bauen, muss jeder Stein anders sein.“

„Man muss für konkrete Probleme die passende Lösung finden“ - Ivonne Cramer

Ein aktuelles Highlight in diesem Bereich ist Sealables Beteiligung am Projekt Grand Paris Express, bei dem im Vorfeld der Olympischen Spiele 2024 im Großraum Paris viele Kilometer Metro neugebaut werden. Natürlich hauptsächlich unterirdisch – da laufen 20 Bohrköpfe simultan. Cramer rechnet vor: „Jeweils acht Tübbinge werden dort für eine komplette Rundung gebraucht. Unser Lieferumfang für fünf Kilometer Tunnel summiert sich auf 2.500 Segmente und 218.000 Meter Profildichtungen.“

Bei den rund 100 Gummi-Mischungen, die Sealable für all seine Produkte verwendet, und bei 40 Tonnen vulkanisierter Ware für den Tunnelbau pro Woche ist natürlich jede Menge Planungsleistung vonnöten. So muss man die entsprechende Software, das Enterprise Resource Planning System (ERP), aus dem Effeff beherrschen.

Im Gespräch: Ivonne Cramer berät sich mit Kollegin Anja Strunze, damit auch der letzte Auftrag des Jahres 2023 rechtzeitig beim Kunden ist. Foto: KAUTSCHUK/Wiegand Sturm

Im Gespräch: Ivonne Cramer berät sich mit Kollegin Anja Strunze, damit auch der letzte Auftrag des Jahres 2023 rechtzeitig beim Kunden ist. Foto: KAUTSCHUK/Wiegand Sturm

Exklusiv und individuell

„Der Verkauf legt fest, welche Menge welchen Produkts in einem bestimmten Zeitraum geliefert werden muss. Wir bestellen beim Lieferanten die Rohstoffe, weisen die Umsetzung der Aufträge den entsprechenden Anlagen zu“, schildert Cramer. Zu diesem Tun gehört viel Improvisationsgabe, wenn etwa Material nicht gleich verfügbar ist oder gerade eine Krankheitswelle durch den Betrieb schwappt.

„Da es im Tunnelbau kaum einen Artikel gibt, den mehrere Kunden bestellen, arbeiten wir exklusiv für und mit jedem Kunden: Jeder hat eigenes Material, Abmessungen, Abläufe, Projektgröße. Wir stellen sicher, dass kontinuierlich gebaut werden kann.“ Dafür sei es nötig, stets mit dem Auftraggeber in Kontakt zu bleiben. Schließlich sei der Kunde immer König.

„Alles muss reibungslos laufen“

Ob sie Freude an ihrer Arbeit hat? „Na klar, sonst wäre ich doch nicht mehr da“, sagt Cramer. Es sei ein schönes Arbeiten hier, die Atmosphäre im Betrieb stimme. „Ich habe Spaß daran, meinen Bereich zu lenken und verantwortlich dafür zu sein, dass es rundläuft.“ Sicher gebe es immer wieder mal heikle Situationen, aber letztlich „muss man nur für konkrete Probleme die passende Lösung finden“. Auch die Freude über Lösungen mache den Reiz an ihrer Arbeit aus: „Mit Angst oder Schimpfen kannst du nichts erreichen.“

Diese pragmatische Haltung legt die Vollzeit-Produktionsplanerin und Mutter und auch im Privaten an den Tag. „Die Grundaufgabe ist zu Hause wie im Büro dieselbe: Alles muss reibungslos laufen.“ So wie der Kühlschrank daheim immer gefüllt sein muss, benötigt die Produktion ständig genügend Rohstoffe. Und Termine sind hier wie dort einzuhalten. Ihren vollen Terminkalender meistert Cramer dank der Unterstützung ihres Partners, der übrigens im selben Betrieb arbeitet. Während sie der „frühe Vogel“ und schon um 6:30 Uhr im Betrieb ist, kümmert er sich morgens um die Kinder. Nachmittags übernimmt sie dann die Betreuung des Nachwuchses. Ihre Philosophie dazu klingt ganz einfach: „Alles eine Frage der Koordination!“

Sealable Solutions – die Fakten

Die Sealable Solutions GmbH in Waltershausen hat aktuell rund 170 Beschäftigte. Das Unternehmen entwickelt, fertigt und vertreibt Produkte in den Geschäftsbereichen Dichtungs- und Isolationslösungen auf Kautschukbasis für die Industrie sowie den Gleis- und Tunnelbau. Im Mai 2020 ist sie per Management-Buy-out (MBO) seitens der damaligen Geschäftsführer vom Schweizer Unternehmen Dätwyler Sealing Technologies übernommen worden.

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