Standort Deutschland

Fachkräfte-Zuwanderung: Ja, bitte!

Eine halbe Million gute Leute fehlt bereits jetzt – und bald kommt es noch viel dicker. Die Bundesregierung hält mit einer umfassenden Strategie zur Fachkräftegewinnung dagegen.

von Barbara Auer

· Lesezeit 2 Minuten.
Ob im Handwerk oder in der Industrie: Viele Betriebe suchen gute Leute. Und der Fachkräftemangel dürfte in den nächsten Jahren noch zunehmen. Foto: amorn – stock.adobe.com

Das Problem haben wir inzwischen wohl schon alle zu spüren bekommen – zum Beispiel, wenn man mal medizinische Hilfe oder einen Handwerker braucht: Sorry, bitte warten – Fachkräftemangel! Zum Jahreswechsel gab es hierzulande schon mehr als eine halbe Million freie Stellen, für die passende Bewerber fehlten – so eine detaillierte Berechnung aus dem Institut der deutschen Wirtschaft. Allein im Berufsfeld Verfahrensmechaniker für Kunststoff- und Kautschuktechnik waren demnach mehr als 1.800 Stellen unbesetzt. Und bis 2035 schrumpft nach allen Prognosen die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter. Im Extremfall um fast acht Millionen Leute – falls uns keinerlei neue Zuwanderer zu Hilfe kommen.

Die Bundesregierung arbeitet deshalb an einer umfassenden Fachkräftestrategie. Dazu gehört die Novellierung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes. Denn dieses erst 2020 in Kraft getretene Regelwerk, das qualifizierte Leute ins Land locken sollte, hat nicht richtig gezündet. Professor Herbert Brücker, Migrationsexperte am Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB), stellt fest: Die größte Hürde sei „die Anerkennung der Gleichwertigkeit beruflicher Abschlüsse“. Auch seien die Verfahren viel zu bürokratisch.

Auch einheimische Reserven sollen mobilisiert werden

Das neue Gesetz soll die Einreise von Fachkräften und die nötigen Verfahren erleichtern. Mit einer „Chancenkarte“ soll man auch dann kommen dürfen, wenn der Berufsabschluss noch nicht anerkannt ist. Oder wenn man noch keinen Arbeitsvertrag hat – Jobsuche und Behördengänge sind vor Ort eben einfacher.

Die Regierung will aber noch weitere Register ziehen. Vor allem geht es darum, auch Leute im Inland zu mobilisieren, die bisher gar nicht oder nur wenig arbeiten. Wie groß hier das Potenzial ist, hat das IAB analysiert. Frauen seien immer noch weniger oft berufstätig als Männer, vor allem Frauen ohne deutsche Staatsangehörigkeit, heißt es. Und auch bei den Älteren ließe sich die Erwerbsbeteiligung steigern. Laut IAB könnten wir 2035 mit diesem Potenzial immerhin rund 3,4 Millionen zusätzliche Erwerbstätige haben – das wären aber immer noch viel zu wenig, um die Lücken zu stopfen.

Auch in Menschen mit Teilzeit- und Minijobs schlummert zusätzliche Arbeitskraft. Derzeit arbeiten fast 40 Prozent aller Beschäftigten Teilzeit, viele von ihnen würden gerne mehr arbeiten. Das ungenutzte Potenzial summiert sich hier laut IAB auf 1,4 Millionen besetzte Vollzeitstellen.

Die Wirtschaft setzt große Hoffnung in die neue Fachkräftestrategie. Es brauche auch bei diesem Thema eine schnelle Zeitenwende, fordert Rainer Dulger, Präsident des Arbeitgeberdachverbands BDA: „Deutschland kann nicht so weitermachen wie bisher.“

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