
Branchen-News
Was die Branche im Mai bewegt
Keine Einigung in der Kautschuk–Tarifrunde, Muskeln aus dem 3D-Drucker, Recycling via Induktion – die News
von Roman Winnicki
Tarifrunde vertagt
Leipzig. Auch die zweite Verhandlungsrunde zwischen der IG BCE und dem Arbeitgeberverband der deutschen Kautschukindustrie (ADK) blieb ergebnislos. Trotz konstruktiver Atmosphäre bestehen in zentralen Punkten weiter Differenzen. Beide Seiten wollen die Zeit bis zur Folgerunde am 27. Juni für eine gründliche Vorbereitung nutzen, um dann einen tragfähigen Kompromiss zu erzielen. Die schwierige wirtschaftliche Lage der Branche erschwert die Einigung: So sind Absatz und Produktion im Jahr 2024 spürbar zurückgegangen (siehe Konjunkturbericht auf Seite 8). Vor allem Automobilzulieferer sind stark betroffen. Hohe Energie- und Rohstoffpreise sowie unsichere globale Märkte setzen die Unternehmen unter Druck – mit Folgen für die Tarifrunde.
Aufbrechen statt Abwarten
Berlin. Die deutsche Kautschukindustrie drängt auf eine rasche Umsetzung der angekündigten wirtschaftspolitischen Wende. „Das Wirtschaftswendemanöver muss sofort beginnen“, forderte Michael Klein, Präsident des Wirtschaftsverbands der deutschen Kautschukindustrie (wdk), auf dem „Tag der Kautschukindustrie“ in Berlin. Vor 250 Branchenvertretern des wdk und des Arbeitgeberverbands der deutschen Kautschukindustrie (ADK) appellierte er an die Bundesregierung, den industriellen Mittelstand stärker in den Blick zu nehmen. Klein kritisierte, dass kleine Schlüsselindustrien wie die Kautschukbranche im Koalitionsvertrag nicht vorkämen – trotz ihrer Bedeutung für den Standort Deutschland.
Der Mittelstand brauche endlich Planungssicherheit, weniger Bürokratie und eine schnelle Entlastung bei den Energiekosten. Gerade kleinere und familiengeführte Unternehmen stünden vor kaum zu bewältigenden Anforderungen. Auch ADK-Hauptgeschäftsführer Volker Schmidt forderte mehr Veränderungsbereitschaft. „Wir sollten uns wieder stärker von dem Grundsatz leiten lassen, dass der Staat nur das Allgemeine organisieren kann, er kann aber nicht das Interesse des Einzelnen an maximaler Absicherung zum allgemeinen Interesse machen“, sagte Schmidt. Dem Mittelstand müsse wieder mehr Raum für unternehmerische Entscheidungen gegeben werden.
Verhaltene Zuversicht
Bad Homburg. Die deutsche Kunststoffverpackungs- und Folienindustrie blickt verhalten optimistisch auf das zweite Quartal. Laut einer aktuellen Konjunkturumfrage der Industrievereinigung Kunststoffverpackungen (IK) bewerten jedoch immer noch 57 Prozent der Unternehmen die allgemeine Wirtschaftslage als schlecht – immerhin weniger als im ersten Quartal (70 Prozent). 42 Prozent bezeichnen die Lage als befriedigend, nur 1 Prozent als gut. Stabilität signalisieren vor allem der Export, die Rohstoffversorgung und die Beschäftigung: Zwei Drittel der Betriebe rechnen mit gleichbleibenden Ausfuhren, 76 Prozent erwarten keine Veränderungen bei der Rohstoffversorgung. Auch die Zahl der Beschäftigten bleibt bei 68 Prozent der Unternehmen konstant. Bei den erstmals abgefragten Absatzerwartungen zeigt sich ein differenziertes Bild: 59 Prozent erwarten gleichbleibende Umsätze, 21 Prozent Zuwächse, 20 Prozent Rückgänge. Besonders positiv sind die Aussichten in den Bereichen Industrieverpackungen, Lebensmittelfolien und Flaschen. Die Ertragslage hat sich leicht verbessert: Der Anteil der Firmen mit negativen Erwartungen ist von 50 auf 42 Prozent gesunken. Gleichzeitig stieg der Anteil der positiven Einschätzungen von 7 auf 10 Prozent. Fast die Hälfte rechnet mit stabilen Erträgen.
Gummi trennen per Induktion
Köln. Gummi-Metall-Verbunde wie Ketten von Raupenfahrzeugen lassen sich künftig effizienter recyceln. Ein Forschungsteam des Labors für Werkstoffe der TH Köln und die Wipperfürther Guma-Tech GmbH haben dazu ein neuartiges Trennverfahren entwickelt. Statt mechanischer Fräsarbeiten setzt das Verfahren auf Induktion: Ein magnetisches Wechselfeld erhitzt gezielt die Metallteile, sodass sich die Haftschicht zwischen Gummi und Metall löst – bei deutlich geringerem Energie- und Materialeinsatz.
Die Haftchemikalien zersetzen sich bei rund 260 Grad Celsius, während das vulkanisierte Gummi erst ab 375 Grad beschädigt wird. Der Stahl kann nach Sandstrahlen erneut verwendet werden, das Gummi als Granulat recycelt werden – etwa für Sportböden oder als Pyrolyserohstoff. Das Verfahren sei eine wirtschaftliche Alternative zur Verbrennung oder Deponierung und ermögliche eine ressourcenschonende Kreislaufführung.
Muskeln aus dem Drucker
Zürich/Dübendorf. Ein Herz aus dem 3D-Drucker – noch Zukunftsmusik, doch Empa-Forschende arbeiten daran. Mit einem neu entwickelten Verfahren gelingen ihnen künstliche Muskeln aus Silikon, die echten Muskelfasern erstaunlich nahekommen. Das Team der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) kombiniert dabei zwei silikonbasierte Materialien: ein leitfähiges Elektrodenmaterial und ein isolierendes Dielektrikum.
Unter elektrischer Spannung zieht sich der Aktuator zusammen, bei Stromausfall entspannt er sich wieder – wie ein biologischer Muskel. Die Herausforderung: Die Materialien dürfen sich beim Druck nicht vermischen, müssen aber im fertigen Zustand fest verbunden und elastisch bleiben. Dafür entwickelte das Team spezielle Silikontinten und eine angepasste Druckerdüse, gemeinsam mit der ETH Zürich. Eingesetzt werden sollen die weichen Aktuatoren zunächst in einem Force-Feedback-Handschuh für Virtual-Reality-Anwendungen. Perspektivisch könnten sie klassische Stellmotoren ersetzen – und eines Tages auch verletztes Muskelgewebe oder gar ganze Organe.