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Zurück zur Stechuhr?

Warum die Politik jetzt das Arbeitszeitgesetz ändern wird – und was da auf dem Spiel steht

von Barbara Auer

· Lesezeit 2 Minuten.
Arbeitszeiterfassung: Mit dem Ausstempeln beginnt der Feierabend. Foto: picture alliance/Richard Koll

Die Regierung muss die Arbeitszeiterfassung neu regeln. Denn das Bundesarbeitsgericht urteilte jüngst: Arbeitgeber müssen ein System einführen, mit dem die Arbeitszeit der Mitarbeiter erfasst werden kann. Kommt jetzt etwa die Stechuhr zurück?! KAUTSCHUK klärt wichtige Fragen.

Was Steht Alles im Arbeitszeitgesetz?

Es regelt insbesondere die höchstens zulässige Arbeitsdauer pro Tag sowie Pausen und Ruhezeiten, die man einhalten muss. Außerdem die Nacht- und Schichtarbeit sowie die Sonn- und Feiertagsruhe (nebst möglichen Abweichungen davon).

Ist das Gesetz für alle Firmen bindend?

Im Prinzip ja, aber das Gesetz lässt auch Ausnahmen zu. Unter anderem dürfen auch die Tarifvertragsparteien in begrenztem Umfang Abweichungen regeln, etwa zur Ruhezeit.

Pflicht zur erfassung: Was heisst das jetzt?

Das ist noch offen, die Novellierung des Arbeitszeitgesetzes läuft gerade erst an, derzeit wird ein erster Entwurf innerhalb der Bundesregierung abgestimmt. Grundsätzlich gibt es verschiedene Möglichkeiten, eine Zeiterfassungspflicht zu gestalten. Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall hatte dazu im Vorfeld drei Gutachten vorgelegt. Aus den Stellungnahmen der Experten geht zum Beispiel hervor, dass im vorgegebenen Rahmen auch den Beschäftigten die Erfassung ihrer Arbeitszeit übertragen werden kann. Sonst wäre mobiles Arbeiten auch gar nicht denkbar. Noch mehr neue Bürokratie und eine Rückkehr zur Stechuhr-Mentalität gelte es auf jeden Fall zu verhindern, fordert der Verband. Gesamtmetall-Chef Stefan Wolf schildert: „Viele Beschäftigte wollen ihre Arbeit im Rahmen der betrieblichen Erfordernisse individuell und unbürokratisch organisieren, flexibler ausrichten, besser verteilen.“ Raum für Ausnahmeregelungen und Wahlfreiheit bei der Form der Erfassung seien bei einer Neuregelung besonders wichtig – um innovative Arbeitszeitmodelle nicht zu behindern.

Geht es aktuell nur um die Zeiterfassung?

Nein. Mit der Novellierung ist die Chance verbunden, auch andere Punkte endlich zu modernisieren. Denn: Das Arbeitszeitgesetz engt die Menschen in der modernen Arbeitswelt zunehmend ein. Einige Vorgaben entsprechen weder den Wünschen der Beschäftigten noch den betrieblichen Erfordernissen.

Was konkret könnte verbessert werden?

Unter anderem die Regelung zur Ruhezeit zwischen zwei Arbeitstagen: Die muss bisher mindestens elf Stunden dauern – ohne Unterbrechung. Damit haben viele Beschäftigte ein Problem. Beispiel: Familienvater Michael Müller möchte möglichst früh Feierabend machen, um mit den Kindern spielen zu können, und dafür ab 21.30 Uhr noch eine Stunde im Homeoffice arbeiten. Dann dürfte er allerdings am nächsten Morgen erst um 9.30 Uhr anfangen – eben wegen der derzeit noch geltenden elf Stunden Ruhezeit.

Was schlagen die Arbeitgeber vor?

Arbeitgeberverbände fordern im Zusammenhang mit der Regelung einer Arbeitszeiterfassung auch eine Reform des Arbeitszeitgesetzes hin zu mehr Flexibilität. Zum Beispiel auch bei der täglichen Höchstarbeitszeit: Aktuell dürfen Arbeitnehmer maximal zehn Stunden pro Tag arbeiten. Flexibler wäre eine Höchstarbeitszeit pro Woche, mit der Betriebe und Beschäftigte passend zur jeweiligen Situation die Zeit selbst auf die Wochentage verteilen können.

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