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Pssssssst!

Wer Geschäftsgeheimnisse verrät, riskiert rechtliche Folgen. Sogar dann, wenn er mit einem Chatbot plaudert

von Silke Becker und Michael Aust

· Lesezeit 4 Minuten.
Schweigen kann Gold sein: Wer Verschwiegenheitspflichten verletzt, riskiert seinen Job. Illustration: c_pukach2012 – stock.adobe.com

Köln. Freitagabend, eine Party. Die Stimmung ist entspannt, das Gespräch locker. Ein Kollege erzählt von einem neuen Projekt, das „noch geheim“ sei – und doch folgen Details. Ein anderer ergänzt: „Die Geschäftsführung ist sich da gar nicht einig.“ Die Runde wird still. Ein kurzer Moment, in dem klar wird: Hier wurde mehr gesagt, als gut ist.

„Oft unterschätzen Beschäftigte, wie schnell sie gegen Verschwiegenheitspflichten verstoßen“, sagt Dirk Seeliger, Leiter der Rechtsabteilung im Arbeitgeberverband der Deutschen Kautschukindustrie (ADK). „Wer Interna ausplaudert, riskiert arbeitsrechtliche Konsequenzen – von der Abmahnung bis zur Kündigung.“

Was heute als Geschäftsgeheimnis gilt

Was früher als Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis unterschieden wurde, ist heute rechtlich gleichgestellt. „Juristisch sprechen wir nur noch von Geschäftsgeheimnissen“, erklärt Seeliger. Drei Kriterien müssen erfüllt sein, damit eine Information als Geschäftsgeheimnis geschützt ist: 

Sie darf nicht allgemein bekannt oder leicht zugänglich sein. Sie muss einen wirtschaftlichen Wert für das Unternehmen haben. Und sie muss durch angemessene Maßnahmen geschützt sein – etwa durch Zugangskarten oder Passwörter.

Doch auch Betriebsinformationen, die nicht unter das Gesetz fallen, darf man nicht automatisch weitertratschen. „Laut Arbeitsvertrag haben Beschäftigte Loyalitätspflichten. Dazu gehört, Interna für sich zu behalten“, erklärt Seeliger. Was im Gespräch unter Kollegen erlaubt ist, hängt davon ab, ob die Information allgemein zugänglich ist. 

Über die neue Dienstplanung oder den Kantinen-Speiseplan etwa darf man sprechen. Bewerbungsunterlagen oder Preiskalkulationen hingegen sind tabu – es sei denn, der Gesprächspartner ist in seinem Job direkt mit dem Thema befasst „Ein Personaler darf mit einem anderen Personaler über einen Bewerber sprechen, aber nicht mit dem Pförtner“, sagt Seeliger. „Und auch in Projektgruppen gilt: Nur wer eingebunden ist, darf mitreden. Die Faustregel lautet: Im Zweifel lieber schweigen – das schützt die Karriere.“

Auch der Partner darf nichts wissen

Natürlich darf man auch Außenstehenden von seinem Job erzählen. Probleme bei der Arbeit etwa kann man mit seinem Partner, der besten Freundin oder auch einem Anwalt teilen: „Das sind Gespräche, bei denen man berechtigterweise davon ausgehen darf, dass deren Inhalt vertraulich bleibt“, sagt der Arbeitsrechtsexperte. 

Öffentlich zugängliche Informationen wie eine Stellenausschreibung oder die nächste Weihnachtsfeier sind überall ein unproblematisches Gesprächsthema. Doch wer erzählt, dass die Geschäftsführung zerstritten ist oder ein Produkt Mängel hat, riskiert seinen Job – vor allem dann, wenn das in sozialen Medien geschieht. „Echte Geschäftsgeheimnisse wie diese darf man nicht einmal dem eigenen Ehepartner verraten“, warnt Seeliger. 

Wenn Vertrauliches nach außen dringt

Was passiert aber, wenn doch einmal Interna ausgeplaudert werden, ob absichtlich oder aus Versehen? Wird das entdeckt, hängen die Konsequenzen vom Einzelfall ab. „Liegt ein Verstoß gegen die Loyalitätspflichten vor, greifen arbeitsrechtliche Maßnahmen“, erklärt Seeliger. „Bei echten Geschäftsgeheimnissen drohen sogar Schadenersatzforderungen und Abmahnungen bis hin zur Kündigung.“ Voraussetzung: Der Arbeitgeber muss die Tat beweisen können und die Sanktionen müssen verhältnismäßig sein. „In der Praxis werden solche Vorfälle dann häufig vor Gericht entschieden“, sagt der ADK-Experte. 

Übrigens: Auch KI-Tools wie Copilot oder ChatGPT darf man nicht mit Betriebsinformationen füttern. Wer etwa im Chat mit der KI interne Daten oder technische Produktinformationen hochlädt, könnte damit unbeabsichtigt Geschäftsgeheimnisse preisgeben. Manche KI-Modelle können aus Nutzereingaben lernen, um sich zu verbessern. Dann besteht die Gefahr, dass vertrauliche Inhalte in zukünftigen Antworten auftauchen – auch bei anderen Nutzern.

Deshalb sollte man KI im Job nur mit Vorsicht einsetzen und immer die unternehmensinternen Regeln im Blick haben. Auch dazu hat der ADK-Experte eine Faustformel: „Interna, die man nicht auf Facebook posten würde, gehören ohne klare Vorgaben auch nicht in eine KI.“

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