Unternehmensreportagen

Bechern für die Umwelt

Mehrweg statt Einweg: Leo Meyer, Geschäftsführer von AKU, sieht in Sachen Kreislaufwirtschaft und Recycling noch viel ungenutztes Potenzial

von Werner Fricke

· Lesezeit 4 Minuten.
Ab ins Konzert: Becher für Auftritte des Popsängers Wincent Weiss werden von AKU gefertigt. Produktionsleiter Holger Meisner (links) und Geschäftsführer Leo Meyer besprechen Details. Foto: Markus Prell

Finn Schwekendiek ist kein Schlager-Fan. Vielleicht fällt es ihm deshalb so leicht, Andrea Berg und Roland Kaiser schnell mal zu schreddern. Aber auch die Comedians Mario Barth und Atze Schröder gehen ihm leicht von der Hand. Vielleicht ist er aber auch deshalb so begeistert bei der Sache, weil er etwas für die Umwelt tut – recyceln nämlich. Den Karton mit dem Messer vorsichtig aufschlitzen, und dann geht es für 320 Becher in die Mühle. „Ich habe ein 8er-Sieb eingelegt“, erzählt der junge Mann, der bei der AKU in Aerzen einen Ferienjob macht. Im Hintergrund knattern die Messer des Schredders. 8er-Sieb heißt: Roland Kaiser in Acht-Millimeter-Körnung als Kunststoff-Granulat – von dem 0,4-Liter-Becher, aus dem während der Konzert-Tournee des Schlagerstars etliche Fans Bier, Wasser oder Säfte getrunken hatten, bleibt eine Handvoll Krümel. „Der leere Karton wird nicht entsorgt, sondern ebenfalls wiederverwertet“, erklärt Schwekendiek.

Ab in den Schredder: Finn Schwekendiek leert einen Karton mit 320 Bechern. Das Granulat verkauft das Unternehmen an den Rohstofflieferanten. Foto: Markus Prell

Ab in den Schredder: Finn Schwekendiek leert einen Karton mit 320 Bechern. Das Granulat verkauft das Unternehmen an den Rohstofflieferanten. Foto: Markus Prell

Noch viel Potenzial für Mehrweggeschirr

Mehrwegbecher gehören inzwischen zu unserem Alltag. Jeder kennt sie, jeder nutzt sie. Schließlich hilft man der Umwelt. Auf Konzerten, Jahrmärkten, in Fußballstadien – fast überall sind sie im Einsatz. Leo Meyer, Geschäftsführer von AKU im niedersächsischen Aerzen bei Hameln, beobachtet jedoch immer wieder, dass die Möglichkeiten noch längst nicht ausgeschöpft sind. „Kürzlich ist mir auf einem Weinfest wieder aufgefallen, dass Imbissbetreiber zum Beispiel mit sogenannten Öko-Bambusschalen einen riesigen Berg Abfall erzeugt haben“, erzählt er. Gut gemeint sei nicht immer gut gemacht. „Man hätte die Pommes oder Currywurst auch in abwaschbarem Mehrweggeschirr den Gästen anbieten können.“ Das sei zwar etwas teurer, aber viel umweltfreundlicher.

„Wir leben vom Netzwerk“
- AKU-Geschäftsführer Leo Meyer

Der 31-Jährige kennt sich aus in dem Geschäft. Er hat die Geschäftsführung von seinen Eltern übernommen. Sie waren schon früh in der Branche: Stadt- und Straßenfestveranstalter mieten bei AKU das praktische Geschirr in großen Mengen. Ob Sektglas, Weißbierglas oder Bierhumpen, es gibt da fast nichts, was sich nicht auch aus Kunststoff herstellen ließe. AKU produziert und verleiht. „Und wir übernehmen auch den Abwasch“, sagt Meyer. Dafür arbeitet das Unternehmen mit einem Partner zusammen, der dann jeweils mit einer großen Waschstraße vor Ort ist.

Mit den gastronomischen Kunden, die als Standbetreiber auf Jahrmärkten und Volksfesten unterwegs sind, kommt AKU regelmäßig auf Messen wie der Internorga in Hamburg in Kontakt. Ganz anders allerdings die Kommunikation mit den Konzertveranstaltern und Tourneeorganisatoren: „Das ist eine völlig andere Welt“, sagt der AKU-Chef, „wir leben vom Netzwerk. Wir sind in Deutschland fünf Anbieter, die für die großen Tourneen infrage kommen. Da kennt jeder jeden.“

Kontakte sind das eine, Erfahrung das andere. Meyer erzählt, dass er allein die Verantwortung und das Risiko trägt, wenn es darum geht, wie viele Becher gefertigt werden müssen. „Wir schätzen die Anzahl, die wir produzieren müssen, und orientieren uns oftmals am Ticket-Vorverkauf der Konzerte.“ Mit dem Konzertgeschäft ist Meyer in diesem Jahr sehr zufrieden. Nicht selten, dass 100.000 Becher für die Tournee eines Künstlers nicht ausreichen. Bei Roland Kaiser oder Wincent Weiss, verrät Meyer, gehen die Becher wie geschnitten Brot: „Dann müssen wir auch mal kurzfristig 30.000 nachproduzieren.“ Da hilft ihm die Flexibilität seiner Mitarbeiter, die notfalls auch mal kurzfristig am Wochenende einspringen.

Folienbilder der Stars bekommt AKU von den Agenturen, die für das gesamte sogenannte Merchandising verantwortlich sind. Sie besitzen die Verwertungsrechte der Fotos. Die Folien werden anschließend ins Werkzeug eingelegt – und die Becher darauf gespritzt. Fertig! Was die Anlagen hier zigtausendfach herstellen, hat später bei vielen Fans einen hohen ideellen Wert. „Das sind Andenken an die Konzerte, die nimmt man gern mit nach Hause“, erklärt der Geschäftsführer.

Ab zum Sektempfang: Auch edle Trinkgefäße gibt es in der Mehrweg-Variante. Foto: Markus Prell

Ab zum Sektempfang: Auch edle Trinkgefäße gibt es in der Mehrweg-Variante. Foto: Markus Prell

Mehrwegbecher – Ein begehrtes Souvenir

Nicht selten entstehen gleich mehrere Motive. Die Künstler sind dann etwa in unterschiedlichen Posen auf den Bechern zu haben. Das kommt bei den Fans besonders gut an: „Oftmals wollen sie dann die ganze Serie an Bechern mit nach Hause nehmen.“ Und müssen dann vor Ort reichlich trinken. Fehlt ein Motiv dennoch den Sammlern, dann recherchieren manche im Internet, bis sie AKU ausfindig gemacht haben. Doch die geradezu verzweifelten Bitten um direkte Lieferung muss die AKU-Mannschaft immer wieder ablehnen. „Wir dürfen die restlichen Becher nicht direkt verkaufen“, erzählt Meyer. Stattdessen landen sie am Ende im Schredder, das Material wird wieder dem Produktionskreislauf zugeführt.

All das muss genau dokumentiert werden. AKU will neue Märkte erschließen und seine Becher auch in Kinos anbieten. Um hierfür auditiert zu werden, muss das Unternehmen allerdings strenge Vorgaben einhalten: „Wir erfüllen da zum Beispiel Geheimhaltungsauflagen“, erzählt der AKU-Chef. Das kostet zwar Zeit und Arbeit – aber am Ende hilft es auch der Umwelt.

AKU GmbH & Co. KG – die Fakten

Mehrweg made in Aerzen: Der niedersächsische Familienbetrieb AKU wurde 1991 als M & S Kunststoffe und Recycling GmbH gegründet. Geführt werden die Firma und die 31 Mitarbeitenden seit Anfang 2022 von Mutter Karin und Sohn Leo Meyer. Das Unternehmen produziert und verleiht Mehrweggeschirr aus Kunststoff und beliefert damit Veranstaltungen wie Jahrmärkte oder Konzerte. Weitere Standbeine des Betriebs sind der Werkzeugbau sowie technische Kunststoffteile für die Automobilindustrie.

  • PDF